Alten Badesee mit frischem Wasser füllen
Weit weg von Hektik, Stress und Lärm liegt Ftan, das kleine Bergdorf im Unterengadin. 400 Menschen leben hier auf 1‘650 Metern über Meer, inmitten einer prächtigen Landschaft. Im Sommer und Winter wächst die Einwohnerzahl, wenn Städter Ruhe und Erholung in den Bergen suchen. Doch der Tourismus serbelt. Die Übernachtungszahlen sind rückläufig, insbesondere im Sommer. Um dem Abwärtstrend entgegenzuwirken, lassen Einheimische und Feriengäste ein altes Projekt aufleben: Sie reaktivieren einen stillgelegten Badesee.
Nur für die gutbetuchten Töchter
Eine dieser engagierten Kräfte ist Laila Tobler. Zusammen mit ihrem Mann und den beiden Kindern lebt sie in Zürich, kommt aber seit Jahren regelmässig nach Ftan. Hier besitzt die Familie eine Zweitwohnung. Auch wenn die Toblers die meiste Zeit des Jahres in der Grossstadt leben, ist ihnen nicht egal, was mit «ihrem» Feriendorf passiert. So sind sie denn auch Mitglied im Verein Pro Ftan, der sich für die touristische Attraktivität des Dorfes einsetzt. «Mir war immer klar: Diesem Familiendorf fehlt ein See zum Baden», sagt Laila Tobler. «Damit kann Ftan als Tourismusdestination zusätzlichen Erholungswert gewinnen.» Gebaut wird im Gebiet Padnal, unweit des Ftaner Dorfzentrums. Nicht zufällig.
Zwischen 1930 und 1980 gab es hier schon einmal einen Badeweiher, den sogenannten Lai da Padnal. Der private See gehörte zum Hochalpinen Töchterinstitut Ftan und durfte damals nur von dessen jungen Internatsbewohnerinnen genutzt werden. Wenn sich Einheimische abkühlen wollten, mussten sie das in der Nacht tun, damit sie niemand sah, wie es im Dorf heisst. Im Laufe der Jahre wurde der Naturdamm rund um den See spröde, bis das Wasser schliesslich abfloss. Seither liegt das Gebiet brach. Heute erinnert nur noch eine Mulde, ein Erddamm und eine betonierte Mole an das Badevergnügen von damals.
Mit der Planung des neuen Badesees mussten die Initianten allerdings nicht von vorne beginnen. «Erste Ideen gab es bereits vor zehn Jahren», sagt Pro-Ftan-Präsident Balser Derungs. Doch die Projekte seien immer wieder gescheitert, zum einen an der Opposition im Dorf, zum anderen an der Behörde oder der Finanzierung. Letztere ist dieses Mal dank Crowdfunding gesichert. Über 140‘000 Franken sind mittlerweile zusammengekommen, die Gesamtkosten für die Reaktivierung betragen 360‘000 Franken, wobei die Gemeinde Scuol, zu der Ftan gehört, sowie der Verein Pro Ftan je einen Drittel der Mittel zugesichert haben.
Nicht alle sind begeistert
Eigentlich hätte der Aushub noch im 2017 gemacht werden sollen. Doch ein Rekurs verzögert den Baustart. «Wir hoffen, im Frühling 2018 beginnen zu können», sagt Balser Derungs und auch Laila Tobler ist zuversichtlich. Sie freut sich, dass das Geld so schnell beisammen war. «Die Unterstützung im Dorf und der Zweitwohnungsbesitzer war gross», sagt sie. Trotzdem: Kritische Stimmen gab es auch. So hätten einige beispielsweise gesagt, sie würden keinen Rappen zahlen, solange die öffentliche Hand ihren Beitrag nicht zugesichert habe. Doch Laila Tobler und Balser Derungs bleiben weiter am Ball. «Schliesslich überwiegen die positiven Stimmen deutlich.»